Skipperin durfte bis Ende 2020 einen bunten Buchstabensalat
auf der digitalen Plattform für Deutschfreiburg skippr.ch
anrichten. Eine carte blanche sozusagen.

Diese Newsplattform für Deutschfreiburg heisst neu
frapp.ch und ist für alle Freiburger oder solche, die es
gerne wären. Es gibt sie als Gratis-App, auf den social medial
im Netz und im Verbund von digitalen Beiträgen, Radio und TV.

Bilingue und im Verbund aller elektronischen Medien. 

Merci für die Blogs als Skipperin - hier im Archiv

Ein Co-Wort von Skipperin

Im Andenken an Clara Louise

Teekanne und Tassen

Sie rollt das R wie Madame De Meuron: Clara Louise. Das rollende R stamme aus der frühesten Kindheit, die sie bis zum Schuleintritt über lange Zeit bei ihren Grosseltern und Gotte in Estavayer-le-Lac verbrachte. Sie fühle sich deshalb heute noch wie eine Romande im Inneren, fügt sie vor den beiden filigranen Kaffeetassen mit Goldrändern hinzu.

Auf ihrem rollenden E-Bike sagte sie zu sich selbst: „Steig frühzeitig ab, wenn eine Situation unklar wird.“ Das Unklare traf leider kurz darauf mit einem Trottinettler beim Bahnübergang ein. Mit Schreck im Gebein stieg sie unvorsichtig ab, und das Bike fiel auf sie. Der Trottinetter war ihre erste Hilfe. Das war 2014 mit 83 Jahren jungen Lenzen. Die Verletzungen wurden zum Prozess und zum springenden Auslöser, im Leben etwas zu verändern und alte Gewohnheiten loszulassen. Ihr Ehemann war nicht bereit, auf eine Veränderung einzugehen. So zog Clara L. aus dem gemeinsamen Haus in eine moderne 3,5 Zimmerwohnung, wo Lift vorhanden, weil das Treppensteigen unmöglich geworden war. Der Bau und die Einrichtung entsprechen ihrem modernen Freigeist sehr. Der Ehemann hofiert sie aus, Mittag wird gemeinsam gegessen und das Abendessen im Appartement, von ihr zubereitet. Ihr Gatte, mit dem sie seit 1964 verheiratet ist, muss etwas mithelfen und das Geschirr abtrocknen. Er verräumt es auch, was für Clara L. gelegentlich sehr zeitraubend wird, diese Sucherei, bis sie findet, was beim Kochen schnell zur Hand sein sollte.

Die zierliche Frau sagt von sich, sie habe grosse Füsse: „Ja, ich wäre geboren, um auf grossem Fuss zu leben.“ Patronne ist sie auf alle Fälle geblieben, wenn schon, dann schon. Sie gibt gerne den Ton an und nennt sich selber „Schnurripfludi“ – notabene mit Korrespondenz via Mail und PC. Dass sie jahrelang als Unternehmerin einer Firma mit ihrem Mann im Geschäft und Haushalt gewirkt und gearbeitet hat, ist das Eine. Ihr Sinn für das Schöngeistige, die Freude an Kultur und Kunst das Andere in ihrem Leben: Skipperin begegnet ihr überall in der gepflegten Wohnung, wo sich schöne Bücher, Gemälde, Zeitschriften und Pflanzen-Arrangements stilvoll aneinander reihen. Sie selber geht aktiv Kultur konsumieren und hat deshalb viele Abende was vor. 

Clara L. ist 1931 als Bauerstochter als zweitjüngstes von sieben Kindern in einem 200-Seelendorf von Deutschfreiburg aufgewachsen - mit viel harter Sommerarbeit auf dem Hof bis zum Schulaustritt. Ab da ging es erst als Haushalthilfe in das Welschlandjahr. Es folgten Saisonstellen, um im Winter etwas zu verdienen und im Sommer wieder auf dem heimischen Hof zu arbeiten. Einen Winter lang durfte sie die Frauenschule in Bern besuchen, wo ihr Interesse für die Schneiderei geweckt wurde. Im Berner Oberland verbrachte sie zwei Wintersaisons, wo sie ein Ehepaar Engel aus London kennenlernte, das etwas Deutsch sprach und eine Au Pair-Hilfe suchte. Im folgenden Herbst 1952 wagte Clara L. die Reise nach London - mit kleinen Englischkenntnissen in ihrem zu grossen Koffer. Sie blieb hier nur ein paar Wochen. Ihre Arbeitgeber boten ihr dennoch an, den grossen Koffer solange zu bewahren, bis Clara L. eine neue Stelle fand. Das Schicksal war ihr wohlgesinnt:  Sie fand für die Zwischenzeit von fünf Wochen Unterkunft bei einer Schweizerin mit Deutschfreiburger Wurzeln. Clara L. weilte gesamthaft 13 Monate in England, arbeitete in zwei Familien als Au Pair mit häufigem Familienanschluss. Hier entdeckte sie die Kultur, Musik, Kunst und Architektur. Ihr eigenes, verborgenes Talent wurde auch entdeckt: als Schneiderin. So lernte sie nach ihrer Rückkehr in die Schweiz Damenschneiderin und nach einer Reise nach Dänemark führte sie ihr eigenes Atelier in Deutschfreiburg. Dieses befand sich an prächtiger Lage, in einem grossen historischen Gebäude.

Dänemark war übrigens nur als kurzer Ferientripp eingeplant; aber nein, Clara L. wollte mehr von Skandinavien sehen. Schweden war eine weitere, anziehende Destination. Nach sechs Monaten kam der Wunsch der Eltern, sie möge zurückkehren, um beim Umzug vom Dorf ins Städtchen beizustehen, weil ihr Vater für eine Amtsstelle gewählt wurde. Er war wohl der erste und letzte, der dieses Amt als geweselner Landwirt ausgeübt hat.

Die vielen Räumlichkeiten im prächtigen, historischen Gebäude ermöglichten ihr, ihren Beruf als Damenschneiderin auszuüben. Wie sie heute sagt, sei ihre Atelierbezeichnung „Haute Couture“ schon etwas hochgegriffen gewesen. Das Hochgegriffene findet Skipperin mehr als berechtigt. In edlen Mauern, diesen Beruf ausüben zu können, kommt einer „noblesse oblige“ gleich und passte zu Clara’s damaligen Übernamen „Modegagu“.

Sie sei immer geradeaus gewesen, mit Flausen im Kopf, was sie uns heute noch so sympathisch macht. Clara L. sagt von sich, immer viel Glück in kritischen Situationen im Leben gehabt zu haben. Und weil ihr nicht nur in England so viel geholfen wurde, ist ihre Dankbarkeit ganz lebendig geblieben: „Es gibt noch viele Situationen im Leben, in denen ich jemandem helfen kann.“
Ein schönes Credo, liebe Clara L.  

PS: Skipperin fällt übrigens ihre türkisfarbene Steinkette und ihr ultramodernes Kleid auf - mit Spitzen am Ausschnitt. Voll in, wie diesen Sommer als Blusen, Kleider und Tops überall in den Regalen gesehen. Sie habe sich einfach noch einen Gürtel aus Spitze eingenäht, ins weisse Kleid, das mal ein Unterkleid war – sagt Clara L.